naturnah - begradigt
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Hochwasser am Oberlauf der renaturierten Kleinen Schmalenau. 7p-weiss Hochwasser in der Großen Schmalenau vor der Renaturierung.
Hochwasser am renaturierten Oberlauf der Kleinen Schmalenau. Hochwasser im begradigten Unterlauf der Großen Schmalenau vor der Renaturierung.



Ob sich der Bach durch das Tal windet oder ob er schnurgerade läuft wie ein Kanal, das macht einen großen Unterschied. Denn Begradigung bedeutet nahezu eine Halbierung der Fließstrecke und damit annähernd eine Verdopplung des Gefälles. Das hat gravierende Auswirkungen.

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natürliche Große Schmalenau

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begradigte Große Schmalenau

 

Vergleich im Querprofil

Im Gebiet des LIFE-Projektes ist das Sohlgefälle auf den begradigten Bachabschnitten fast doppelt so steil und die Fließlänge annähernd halb so lang wie auf naturnahen Bachabschnitten. Das hat für die Kiessohle und das Kieslückensystem verheerende Konsequenzen: Das steilere Gefälle erhöht die bei Hochwasser wirkenden Kräfte. Es werden mehr Kiese bachabwärts transportiert, als von bachaufwärts nachgeliefert werden. Konsequenz: Der Bach tieft sich ein. Je stärker er sich eintieft, desto größer wird sein Bett, desto seltener ufert er in die Aue aus. Das bedeutet, dass dieser als „Sohlerosion“ bezeichnete Prozess sich mit seinem Fortschreiten weiter verstärkt. Erst mit Erreichen des Grundgebirges, der sog. Erosionsbasis, wird der Eintiefungsprozess gestoppt.

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Querprofil naturnah
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Querprofil erodiert
Naturnaher Abschnitt der Großen Schmalenau.Naturnahes, flaches Profil des Hevensbrink bachaufwärts von Breitenbruch.

Die Heve in ihrem naturnahen, flachen und kiesreichen Bett.

Ein naturnaher Abschnitt des Hevensbrink bachaufwärts von Breitenbruch.

Schotterbank in der Heve.Schotter in der Heve.
Ein stark erodierter Abschnitt des Hevensbrink, verursacht durch Laufverkürzung.Der Hevensbrink in Breitenbruch ist begradigt und an den Talhang verlegt. Die dadurch ausgelöste Sohlerosion lässt ihn nur noch bei extremen, sehr seltenen Hochwassern über die Ufer treten.
Bis über 2 Meter hat sich die begradigte Kleine Schmalenau eingegraben. 29.12.2009.Erodierte Kleine Schmalenau nahe des ehemaligen Forsthauses „Grüne Hoffnung“. 29.12.2009.
Die Worbke stürzt in die erodierte Kleine Schmalenau - ein Wanderhindernis. 29.12.2009.Begradigter Abschnitt im Oberlauf der Großen Schmalenau. 29.12.2009.


Für die Heve, die Kleine Schmalenau, die Große Schmalenau und den Hevensbrink hat die ABU eine Karte über die Sohlerosion und weitere Beeinträchtigungen der erarbeitet.

 

Vergleich im Längsprofil

In den naturnahen Bächen des LIFE-Projektgebietes wechseln sich typischerweise Kolke (Pools) und Schnellen (Riffel) ab. Diese Abfolge entsteht durch die Strömung in den mäandrierenden Bächen: In den engen Kurven bilden sich die tiefen Kolke, in den gestreckten Abschnitten lagert sich das Geschiebe zu mächtigen Schotterkörpern auf. Sie werden vom Wasser flach überströmt. Diese Schotterkörper bestimmen die Wasserspiegellage und damit auch das Ausufern in die Aue bei Hochwasser. Wo die Schotterkörper am höchsten sind, liegen die Furten.

Die Schotterkörper haben für den Bach noch eine weitere, sehr wichtige Bedeutung: Sie sind Lebensraum für viele Kleinlebewesen, das sog. Makrozoobenthos. Viele dieser Arten leben zeitweise in den vom Wasser durchströmten Lücken des Schotterkörpers. Die Fachleute sprechen vom Kieslückensystem, dem sog. Interstitial. Auch Forellen legen hier ihre Eier ab. Ohne dieses Kieslückensystem ist die Fauna verarmt.

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Längsprofil naturnah
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Längsprofil erodiert
Schotterkörper in einem naturnahen Abschnitt der Großen Schmalenau. 4.6.2005.Am Mittellauf der Großen Schmalenau. 27.12.2009.

Große Schmalenau. 4.6.2005.

Große Schmalenau. 4.6.2005.

Für Fische unüberwindbarer Absturz in der Kleinen Schmalenau, hervorgerufen durch Begradigung und dadurch  ausgelöste Sohlerosion. 5.8.2012.Typischer Absturz über einer Kante des Grundgebirges durch Sohlerosion. Große Schmalenau, 8.12.2012.
Sohlabstürze in der Kleinen Schmalenau, Ergebnis der durch Begradigung ausgelösten Sohlerosion. 29.11.2009.Das Bachbett der begradigten Großen Schmalenau ist bis auf das Grundgebirge ausgeräumt. Es fehlen Kiesbänke und damit der Lebensraum vieler Tierarten und die Laichplätze der Forellen. 4.6.2005.


In den begradigten Bachabschnitten fehlen diese Schotterkörper weitgehend, weil die künstlich erhöhten Transportkräfte bei Hochwasser den Schotter fortspülen und dieser Verlust durch das von bachaufwärts herantransportierte Geschiebe nicht ersetzt werden kann. Und es entsteht noch ein Problem: Immer wieder ragen aus dem Grundgebirge Felspartien heraus. Über diese stürzt das Wasser wie über Kaskaden zutale. Was auf den ersten Blick malerisch aussieht, wird für wandernde Fische zum Problem. Auch wenn Forellen (Salmo trutta) die ein oder andere Passage noch meistern können, für Groppen (Cottus gobius), Bachneunaugen (Lampetra planeri) und Hasel (Leuciscus leuciscus) ist hier schnell Schluss. Damit wird ihnen der Zugang zu Laichplätzen verwehrt. Und die Verdriftung bei Hochwassern können sie nicht durch Aufwärtswanderungen kompensieren.

 

Vergleich bei Hochwasser

Bei Hochwasser wird der Unterschied zwischen naturnahen und begradigten Bachabschnitten besonders deutlich.

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naturnaher Bach bei Hochwasser
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erodierter Bach bei Hochwasser
Hochwasser in der Heveaue. Vor der Laufverlängerung durch das LIFE-Projekt liefen ähnliche Hochwässer vollständig im erodierten Bachlauf. 13.11.2010.Ein kleines Hochwasser im renaturierten Oberlauf der Großen Schmalenau. 23.12.2012.
Hochwasser in der Aue der renaturierten Kleinen Schmalenau. 13.11.2010.Hochwasser in der Aue der renaturierten Kleinen Schmalenau. 13.11.2010.
Ein mäßiges Hochwasser in der Aue der begradigten Großen Schmalenau nahe Neuhaus. 28.12.2012.In der begradigten, eingetieften Heve flussaufwärts von Neuhaus reißen die Hochwasser Steine und Lebewesen zutale. 10.8.2007.
Das gewaltige Hochwasser vom 8./9.8.2007 hat auf den begradigten Bachabschnitten die Sohleintiefung nochmals verstärkt. Kleine Schmalenau bachaufwärts des ehemligen Forsthauses "Grüne Hoffnung". 12.9.2007.Die Große Schmalenau im Unterlauf bei leichtem Hochwasser. 28.12.2012.


Der naturnahe Bach ufert schon bei leichtem Hochwasser aus. Das hat zwei bedeutende Effekte: Zum einen werden der Bach und seine Bewohner vor zu großem Strömungsangriff geschützt. Denn bei Hochwasser fließt ein großer Teil der Wassermassen in der breiten Aue und nicht im engen Bachbett. Zum anderen ist dies für die Aue links und rechts des Baches von großem Vorteil. Die Hochwasser bringen von flussaufwärts Samen mit und tragen sie in die Aue. Wo Laub und Bodensubstrat in der durchströmten Aue umgelagert werden, wird Rohboden freigelegt. Dies sind die Keimbetten für den Samen. So werden die Überschwemmungen so etwas wie der Motor naturnaher Auen.

Im begradigten Bach reißen die Hochwasser alles mit. Das hat schwerwiegende Auswirkungen für den Bach und seine Bewohner:
Mehr Schotter wird zutale transportiert, als von oben nachkommt. Der Bach wird immer tiefer, bis er den Fels erreicht hat. Dann aber fehlen die vom Wasser durchströmten Kiese, in denen Forellen laichen und viele Kleinlebewesen leben. Und jedes Hochwasser wird für die Bachbewohner zur Katastrophe, weil sie zutale gerissen werden. Und die Aue bekommt von den Hochwassern nichts mehr mit. Es fehlen Samen, es fehlen die Veränderungen, die neues Leben bedeuten.

 

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