Wanderhindernisse
Bild 3 2013 02 18 04 16 15

_MG_0552_700p
Wegedurchlass im Oberlauf der Kleinen Schmalenau. Ein Absturz und eine glatte Sohle sind für Groppen und viele andere Bachbewohner ein unüberwindbares Hindernis.

 

Grundlagen

Von Natur aus sind die meisten Bäche und Flüsse wenigstens zeitweise durchgängig. Fische und Kleinstlebewesen können auf- und abwärts wandern. Der Schotter (Geschiebe) wird bei Hochwasser transportiert. Laub, Äste, Pflanzenteile und Samen trägt das fließende Wasser talabwärts, bis sie irgendwo am Ufer oder bei Hochwasser in der Aue liegen bleiben.

Praktisch alle Fischarten wandern zeitweise. Sie suchen einen geeigneten Laichplatz. Sie schwimmen in ruhiger fließende Bereiche, um Schutz vor dem reißenden Hochwasser zu finden. Sie wandern bachaufwärts, nachem sie das reißende Hochwasser mitgerissen hat (die sog. Hochwasserdrift) - so können sie ihre bekannten Lebensräume wieder besiedeln. Jungfische einiger Arten suchen von den Elterntieren getrennte Lebensräume auf, um nicht von ihnen gefressen zu werden. Es ist ein Kommen und Gehen im Bach.

Bei den Fischen unterscheidet man Lang-, Mittel- und Kurzdistanzwanderer. Die Fische der Bäche im Gebiet des LIFE-Projektes zählen zu den Kurzdistanzwanderfischen. Wir können davon ausgehen, dass sie im Bach Strecken bis zu einigen Kilometern zurücklegen.

Unter den Kleinstlebewesen am Grund des Baches und im Kieslückensystem gibt es viele Arten, die die bachabwärts gerichtete Verdriftung bei Hochwasser durch Aufwärtswanderungen kompensieren müssen. Einige tun dies als geschlüpftes, flugfähiges Insekt. Andere, wie zum Beispiel die Bachflohkrebse, wandern auf dem Bachgrund. Wer im Sommer mal ruhig an einem der Bäche sitzt, kann das Aufwärtsfliegen der Insekten beobachten. Und dort, wo Bachflohkrebse zahlreicher sind, erkennt man deren schier unermüdliche Wanderung bachaufwärts.

Die Groppe (Cottus gobio) ist in den Bächen des LIFE-Projektgebietes weit verbreitet. (Foto: M. Bunzel-Drüke)Eine junge Bachforelle (Slamo trutta). Sie sind in den Bächen des Projektgebietes weit verbreitet, die Dichten sind aber ziemlich niedrig. (foto: M. Bunzel-Drüke)Dieses merkwürdige Wesen ist ein Bachneunauge. Es lebt dort, wo sich auf dem Grund der Bäche Feinsedimente abgesetzt haben. (Foto: M. Bunzel-Drüke)

Möhnetalsperre

Das größte Wanderhindernis ist die Möhnetalsperre. Sie schließt den Teil des Projektgebietes, der nördlich der Wasserscheide von Ruhr und Möhne liegt, nach unterstrom unüberwindbar ab. Wir wissen nicht, welche Bedeutung dies langfristig für das Überleben der Tiere in den Bächen dieses Teils des LIFE-Projektgebietes hat. Allerdings gibt es im Sauerland Beispiele dafür, dass zumindest seit Jahrzehnten oder auch länger dauerhaft überlebensfähige Fischpopulationen in abgeschlossenen Einzugsgebieten überleben können. Und aus dieser Abgeschlossenheit mag in der Zukunft eventuell auch ein Vorteil erwachsen: Sie schützt zu einem gewissen Maße vor einwandernden, fremdländischen Konkurrenten, die die Tierwelt mancher heimischer Flüsse schon dominieren.

Wanderhindernisse im Projektgebiet

Unstreitig ist, dass die Wanderhindernisse in den Bächen des LIFE-Projektgebietes eine Beeinträchtigung bedeuten. Sie erschweren oder verhindern die Wanderung. Sie erschweren auch die Wiederbesiedlung von Bachabschnitten, die in der Vergangenheit wegen unterschiedlicher Beeinträchtigungen nicht besiedelt waren. Dazu gehört die Versauerung von Bächen durch Luftschadstoffe bis in die 1990er Jahre und die Verdunkelung durch einförmige Fichtenforste.

Für die Heve, die Kleine Schmalenau, die Große Schmalenau und den Hevensbrink hat die ABU eine Karte erarbeitet, die u.a. die Wanderhindernisse enthält.

LAW_Gewaessereintiefung_60p-hoch

Im Gebiet des LIFE-Projektes  gibt es drei typische Wanderhindernisse: durch Sohlerosion entstandene Abstürze auf dem Grundgebirge, Querbauwerke, die ohne Rücksicht auf die Durchgängigkeit unsachgemäß gebaut wurden, und ein Wehr, das von der früheren Nutzung der Auen zeugt.

Auf einem begradigten Abschnitt hat sich die Kleine Schmalenau bis auf das Grundgebirge eingetieft. An einer Stufe des Grundgebirges entsteht so ein unüberwindbares Hindernis von ungefähr einem Meter Höhe. 5.08.2012.In der großen Schmalenau hat die Sohlerosion diese Stufe im Grundgebirge ferigelegt. Forellen werden den Sprung überwinden können. Groppe, Hasel und Bachneunauge jedoch werden sich schwer tun. 8.12.2012.Weil sich die Kleine Schmalenau in den vergangenen Jahrzehnten durch Begradigung eingetieft hat, stürzt das Wasser der Worbke an der Mündung etwa 70 cm in die Tiefe - unüberwindbar für Fische und Kleinstlebewesen. Eine Renaturierung der Kleinen Schmalenau könnte das Problem lösen. 29.11.2009.Auf den ersten Blick wirkt diese Kaskadenstrecke in der Kleinen Schmalenau malerisch. Doch sie ist das Ergebnis einer starken Sohlerosion als Folge einer Begradigung. Die Erosionsstrecke ist lang, und die Maßnahmen zur Renaturierung wären aufwändig. Im Rahmen des LIFE-Projektes wird diese Gewässerstrecke aus Kostengründen nicht saniert werden können. 29.11.2009.

Ein Wegedurchlass in der oberen Kleinen Schmalenau. Er erzeugt zwar keinen unüberwindbaren Absturz, aber er ist zu hoch eingebaut, so dass die glatte Sohle ohne jedes Substrat für die allermeisten Lebewesen unüberwindbar sein ist. 29.12.2009.Ein Wegedurchlass in der oberen Kleinen Schmalenau. Für Forellen mag er überwindbar sein, aber er ist zu hoch eingebaut, so dass die glatte Sohle ohne jedes Substrat für die meisten Lebewesen unüberwindbar sein wird. 29.11.2009. Schade, groß genug ist dieser Durchlass für die Große Schmalenau, aber leider nicht tief genug eingebaut. So ist er für Fische und andere Wassertiere nicht passierbar. Im Rahmen des LIFE-Projektes wird ein zweiter, passierbarer Durchlass gebaut. Dieser dient dann der Hochwasserentlastung. 29.12.2009.Ein altes, steinernes Kulturwehr in der Großen Schmalenau ist Zeuge der ehemaligen, intensiven Nutzung der Auen. Seine Funktion war, das Wasser der Großen Schmalenau in ein Bewässerungsystem auszuleiten, um die Wiesen bei Neuhaus berieseln zu können. Eine gewisse Düngung und vor allem ein früheres Auftauen im Frühjahr waren das Ziel. Auch Rudimente der alten Bewässerungsgräben zeugen von der Nutzungsgeschichte der Bachtäler. 4.6.2005.


> Schlussfolgerungen

Mitarbeiter-Login