Bäche und Auen
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Nicht ohne Grund werden Bäche und Flüsse auch als Lebensadern in der Landschaft bezeichnet. Saubere, naturnah strukturierte Fließgewässer gehören zu unseren wertvollsten Lebensräumen schlechthin und können eine enorme Arten- und Individuendichte beheimaten.
Standörtlich Bedingungen wechseln in den Bächen und ihren Auen kleinräumig sehr schnell. So finden sich Altarme und Tümpel neben feuchten, moosbewachsenen Bereichen, die wiederum von trockenen, erhöht liegenden Arealen umschlossen sind. Je nach Feuchtegrad des Untergrundes wechselt hier die Vegetation die ihrerseits die vorkommende Insektenfauna beeinflusst. In den Bächen finden wir tiefe Kolke, in denen die großen Bachforellen stehen, im beständigen Wechsel mit flach überströmten Bereichen. Diese Pool-Riffle-Sequenzen sind ein typischen Indiz gesunder Fließgewässer mit hoher Dynamik. Die Flachwasserbereiche dienen den jungen Forellen und Kleinfischarten als Refugium. Schotter und Kiese bilden den Bachgrund in rasch durchflossenen Abschnitten. In den Innenkurven, wo die Fließgeschwindigkeit abnimmt, sammelt sich feineres Material. Umgekippte Bäume und angespülte Äste bilden Verstecke für Fische und sind der Lebensraum hoch spezialisierter Insektenarten. Dort wo der umgekippte Baum tief ins Wasser reicht, bricht sich die Strömung und spült ein tiefes Loch aus. Der heraus gespülte Schotter bildet nur wenige Meter weiter eine Insel, einen Wärmepunkt inmitten des kühlen Nass. All dies lässt sich auf knapp 30 Metern an einem naturnahen Bach entdecken.

In den zurückliegenden Jahrzehnten jedoch wurde der überwiegende Teil unserer Bäche und Flüsse einer starken Veränderung unterzogen. Zum Zwecke einer vermeintlichen besseren Hochwassersicherheit und vor allem zur Schaffung besser nutzbarer Flächen wurden viele Gewässer begradigt. An vielen Flüsse und Bäche wurden die ehemaligen Lauflänge, gewonnen durch sich windende und mäandrierende Gewässer, drastisch verkürzt. Relikte dieser ehemals langen Bäche finden sich in Form von Altarmen zum Teil noch im Gelände, häufiger jedoch geben nur alte Karten noch Auskunft über die wahre Gestalt unserer Fließgewässer.

Die Bäche des Arnsberger Waldes bilden hier leider keine Ausnahme. Zwar waren die Eingriffe an den Bächen des Flachlandes sicherlich häufiger und auch schwerwiegender, jedoch beziffert sich der Lauflängenverlust so manchen Baches im Wald auch auf bis zu 20 %. Derartige Eingriffe bleiben weder für die Tier- und Pflanzenwelt, noch für das Gewässer selbst ohne Folgen. Begradigte Bäche haben ein größeres Gefälle und fließen daher schneller. Insbesondere bei Hochwasser wird dieses schnellere Fließen zu einem Problem, denn Bäche transportieren weit mehr als nur Wasser. Schotter und Kiese, die den Bachgrund bilden, werden bei höheren Abflüssen umgelagert. Dieser Transport von Sohlsubstrat geschieht im jedem Fließgewässer und ist völlig natürlich. In begradigten Bächen jedoch nimmt diese Umlagerung von Material einen gewaltigen Umfang an. Die Bäche spülen sich praktisch selbst leer, da der Austrag von Schotter und Kies viel höher ist als der Eintrag. In der Folge schneidet sich der begradigte Bach immer tiefer in das Gelände, seine Sohle erodiert.

Diese Sohlerosion hat für den Bach und seine Lebensgemeinschaft gravierende Folgen. Der für viele Bachbewohner lebensnotwendige Bachschotter verschwindet und Fische wie die Bachforelle verlieren ihre Laichplätze. Der jetzt tiefer liegende Bach fungiert als Entwässerungsgraben, die Aue trocknet aus, Tümpel und Altarme verschwinden, wodurch Amphibien und Libellen ihren Lebensraum verlieren. Hochwasser breiten sich nicht mehr in der Aue aus, sondern werden im tief eingeschnittenen Bach abgeführt. Die erosiven Kräfte nehmen weiter zu, der Bach erodiert hierdurch immer tiefer. Dieser Vorgang führt unweigerlich zu einer Verarmung der Artenvielfalt an unseren Bächen, da viele Tiere und Pflanzen mit diesen künstlichen Bedingungen nicht mehr zurecht kommen.

Ziel des LIFE-Projektes „Bachtäler im Arnsberger Wald“ ist es daher, den Bächen wieder ihre ursprüngliche Lauflänge zurück zu geben, naturnahe Gewässerdynamiken wieder zu beleben und die Auen zu vernässen, damit die reichhaltige Artenvielfalt unserer Mittelgebirgsbäche erhalten bleibt. 

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