Ein durch Sohlerosion geschädigter Abschnitt der Kleinen Schmalenau wird vermessen. 31.10.2009. (Foto: J. Brackelmann)
Ursachen der Sohlerosion
Sohlerosion ist die typische Zivilisationskrankheit vieler Bäche und Flüsse. Was sind die Ursachen?
Begradigte Bäche sind steiler als natürliche. Die Fließgeschwindigkeiten sind höher, ebenso die Kräfte an der Gewässersohle. Schon bei kleinen, häufigen Hochwassern werden am Bachgrund mehr Steine bachabwärts transportiert, als dies natürlich ist.
In vielen Gewässersystemen ist der Transport von Kies und grobem Schotter, des sog. Geschiebes, immer wieder im Bereich von querender Wege oder durch Stauanlagen behindert oder ganz unterbrochen. Im Arnsberger Wald sind vor allem die Kreuzungen zwischen Wegen und den kleineren, steilen Gewässern in den Kerbtälern ein Problem. Viele dieser Wegequerungen sind für Geschiebe nicht durchgängig, so dass es sich bachaufwärts der Durchlässe ansammelt. Dann fehlt es bachabwärts.
In breiten Auen verlagern sich Bäche und Flüsse von Natur aus. Man nennt dies "Seitenrosion". Im Gegensatz zur Sohlerosion ist die Seitenerosion etwas Natürliches, ja sogar etwas Notwendiges. Kleine Bäche, die sich dabei mit dem Auelehm und der Vegetation schwer tun, verlagern sich zwar nur langsam. Aber dennoch ist dies vermutlich eine wichtige Quelle für neues Geschiebe. Im Arnsberger Wald gibt es nur wenige befestigte Bachufer, in dieser Hinsicht sind die Bedingungen günstig.
Wenn die Auen entlang begradigter, eingetiefter Bäche nur noch selten überflutet werden, sind die Hochwasserwellen steiler und höher als natürlich. Das gleiche gilt, wenn starke Niederschläge durch Versiegelung schneller abfließen. Im Arnsberger Wald gibt es keine Versiegelung, das ist günstig. Aber: Niederschläge fließen in Fichtenwäldern rascher ab als in Laubwäldern. Fichtenwälder nehmen im Arnsberger Wald ungefähr die Hälfte der bewaldeten Flächen ein. Wie groß die Auswirkungen sind, ist nicht bekannt.
In natürlichen Landschaften sammeln sind in Bächen und Flüssen große Mengen an Holz. Diese Abflusshindernisse sorgen bei Hochwasser für ein frühzeitiges Ausufern. Das schützt die Gewässersohle vor zu großer Belastung. Im Arnsberger Wald gibt es im Laubwald Bachabschnitte mit erfreulich viel Totholz. Wo Fichtenforste die Bäche begleiten, findet man allerdings nur sehr wenig davon im Bach.
Früher war es üblich, den Schotter aus den Bächen zu baggern. Man konnte ihn im Waldwegebau verwenden. Und weil dabei die Bäche auch tiefer wurden, reduzierte man zudem die Überschwemmungen in der Aue. Leider ist diese Praxis nicht ganz ausgestorben, wie Fälle aus der jüngeren Vergangenheit an Heve und Lottmannshardbach zeigen.
Ist der Prozess der Sohlerosion einmal angelaufen, verstärkt er sich selber. Denn je tiefer die Sohle absackt, desto seltener ufert der Bach aus, desto größer werden die angreifenden Kräfte bei Hochwasser. Der Eorsionsprozess endet, wenn der Bach sich bis auf das Grundgebirge eingetieft hat.
Fotovergleich am Hevensbrink
Am Beispiel des Hevensbrink, ein Zufluss der Kleinen Schmalenau, lässt sich der Unterschied zwischen naturnahen und begradigten Abschnitten gut veranschaulichen.
Erosionsprofil und Altlaufrudiment an der Kleinen Schmalenau
An der Kleinen Schmalenau lag neben dem begradigten, erodierten Bach ein Rudiment des ehemaligen Bachlaufs. Es wurde freipräpariiert. Beide wurden zum Vergleich aufgemessen.
Kartierung der Sohlerosion
Im Arnsberger Wald findet man beides: intakte Bachabschnitte und durch Sohlerosion geschädigte. Zu Beginn des LIFE-Projektes hat die ABU an den Bächen, an denen vorrangig Maßnahmen durchgeführt werden sollten, unter anderem das Ausmaß der Sohlerosion kartiert.
Das Klima ist geschiebearm
Dass bei uns Bäche und Flüsse so empfindlich auf Störungen ihres Geschiebehaushaltes reagieren, hat auch mit dem hier seit Jahrtausenden herrschenden Klima zu tun. Vergleichsweise wenig Steine, Kiese und Sande entstehen neu aus dem felsigen Gebirge durch Verwitterung, Frostsprengung und andere Erosionsprozesse. Die Landschaft ist mit recht mächtigen Schichten aus Lehm und Löß bedeckt, auf denen natürlicherweise zudem eine vitale Vegetation wächst. Es gibt deshalb an unseren Bächen keine mächtigen Geschiebequellen, die die Gewässer mit zusätzlichem Nachschub "versorgen" könnten, wenn der Geschiebetrieb durch die oben genannten Ursachen unnatürlich hoch ist.
die Folgen der Sohlerosion zusammengefasst
- Bäche ufern nicht mehr aus. Darunter leidet die Aue.
- Zu hohe Fließgeschwindigkeiten bei Hochwasser reißen Fische und bachbewohenende Insekten mit.
- Zu hohe Transportkräfte räumen den Schotter aus den Bachbetten. Er fehlt als Lebensraum.
- Tief eingeschnittene Bäche tragen zur Entwässerung der Aue bei.